#drübernachgedacht: Rückfall

Hallo Ihr Lieben,

es war lange Zeit still hier. Dies hatte einen einfachen Grund: Nach meinem letzten Urlaub brauchte ich erstmal etwas Zeit mich zu "erden". Ich war nämlich Ende Oktober in Hong Kong für zwei Wochen. Und heute will ich darüber schreiben. Wie war es dort? Wie ist die Müllkultur dort? Treibt einen die Werbung in den Wahnsinn? Und wieso steht in der Überschrift "Rückfall"?

Wie war es in Hong Kong?
In kurzen Worten gefasst: Ich würde dort leben.
Es gibt nur wenige Urlaubsorte (und keiner war bisher her eine Millionen-Großstadt), an denen ich leben würde. Der Urlaub begann mit der Erwartung einfach mal eine andere Kultur und eine Großstadt zu sehen. Ich hatte erwartet erschlagen und überfordert zu sein. Quetschende Massen, viel Dreck und Smog. Es war alles, aber nicht das. Ich war erschlagen und verliebt.

Hong Kong besteht heute aus der Hauptinsel Hong Kong Island, der Insel daneben mit dem Flughafen "Lantau", dem Festlandteil Kowloon und den hinteren Festlandteil New Territories.

Gewohnt haben wir auf Kowloon bei meiner Cousine im 38. Stock. In solch einer Hochhausanlage leben übrigens bis zu 2000 Menschen. Ein ganzes Dorf also. Daher haben solche Anlagen neben Portiers, auch ein Restaurant, Lernräume für die Kinder, Gesellschaftsräume und ein Stockwerk zum Draußen sitzen (im 3. und 37. Stock), Sauna, Schwimmbad, Sporträume,...

Das Schöne an Kowloon ist, dass es zwar Touristenplätze gibt - z.B. der Hafen. Aber die Innenstadt oder die Malls und Märkte sind touristenarm. Der meiste Tourismus spielt sich auf der Hauptinsel Hong Kong Island ab. Dort existiert daher auch ein über proportionales Angebot an Burgern. Als ob wir nur ... naja egal. In Kowloon haben wir sehr viel der chinesischen Kultur gesehen. Vieles Dank meiner Cousine, die dort lebt und sich abseits des Tourismus auch auskennt. So gingen wir durch Seitengassen, die ich niemals betreten hätte oder in Häuser, die von außen schon anschimmelten, aber innen dann tolle Wellnessoasen zu bieten hatten.

Das Loch in der Mitte ist übrigens eine Aussparung, damit die Drachen durch fliegen können.


Die Chinesen sind ein sehr friedliches Völkchen. Ich muss ehrlich sagen, ich hab auf Deutschlands Straßen mehr Angst. Mehr Angst abends raus zu gehen, bestimmte Ecken zu betreten oder in die U-Bahn mich zu setzen. Nicht immer weil überall Kleinkriminelle rumlaufen, sondern weil wir von Grund auf ein aggressiveres Volk sind. Man mustert die anderen, lästert über Outfits oder Umstände und hat man schlechte Laune, hat man auch kein Problem damit jemand einfach mal anzupöbeln. 
Leben und leben lassen - das hab ich in Hong Kong das erste Mal wirklich erfahren. Keinen interessiert es wie du rum läufst. Wirklich niemand! Du wirst einfach nicht beachtet. Sobald wir aber hilflos rumstanden und etwas nicht fanden, war sofort jemand aus der Bevölkerung da und hat uns geholfen. Wir mussten nicht fragen. Alle waren nett und höflich. 
Man stellt sich brav in einer Reihe an, wenn man auf den Bus, das Taxi oder die U-Bahn wartet. Keiner fährt schwarz und die öffentlichen Plätze sind sehr sauber. 
Das waren jetzt nur die postitiven Seiten Hong Kongs. Jede Stadt hat ihre Pros und Kontras. Hong Kongs Kontras sind defintiv die Mieten (1 Zimmer kostet 1500,- € im Monat), die Arbeitswelt (40 Stunden von 9-18 Uhr, 20 Urlaubstage, Überstunden für die Firma) und der Shoppingwahnsinn. 

Wenn ihr den Europreis wissen wollt, einfach alles durch 8 teilen.

Daher zu meiner nächsten Frage: Wie ist die Müllkultur dort?

Vieles ist durch strenge Gesetze in Hong Kong geregelt. Rauchen, Müll auf den Boden schmeißen oder essen in den U-Bahnen führen zu sehr hohen Strafen (800 € - 1500€). Daher ist es für eine Großstadt sehr sauber.
Man kann dort verschieden einkaufen gehen. Es gibt überall kleine Kioske mit Wasser und Süßigkeiten sowie Sandwiches. Daneben Supermärkte in verschiedenen Größen und Markthallen mit offenen Verkaufstischen. In den Supermärkten ist so ziemlich alles in Plastik verpackt. Oben auf dem Foto kann man es gut sehen. Selbst Blumen werden in Plastik verkauft. Da ist jede einzelne Blüte in einer Art Schaumstoff gebetet, damit nichts kaput geht. Chips in der Tüte entpuppten sich als 6 kleine Chipstütchen in einer großen Chipstüte. Verpackungswahnsinn auf einem neuem Level.

Interessant waren die Markthallen. Hierhin verirren sich die Touristen nicht. Dabei erhält man hier alles viel günstiger und frisch! Nichts wird nach Aussehen sortiert und man kriegt hier alles in seinen mitgebrachten Beutel. Oder in die Plastiktüte. Je wie man will. Dort gibt es auch keine Diskussionen, wenn man etwas in die Dose haben will. Man bummelt durch die Gänge entdeckt viel neues, manchmal auch Kurioses (Hühnerfüße).

Also ein zerowaste Leben ist dort mehr als möglich.

Treibt einen die Werbung in den Wahnsinn?
Oh ja. Dort nimmt sie nochmal ein neues Level an. Tausende Läden aneinander gereit, Werbeposter wo man hinsieht, Werbefilmchen laufen in der U-Bahn. Es ist schon auf dem Festland extrem. An jeder U-Bahnhaltestelle findet man eine Mall. Aber auf der Hauptinsel... die City ist einfach nur noch ein Konsumland. Ein riesiger Stadtteil, wo nur Läden sind! Alle 500 Meter sind man Dolce&Gabana und andere Nobelmarken. Apple hat ein dreistöckiges Verkaufshaus... Und die Verkaufsräume sind riesig. Gleichzeitig sind manche Menschen so arm, dass sie nur 1qm (EINEN QUADRATMETER) zum Wohnen haben. Da frag ich mich, wie man das mit sich Vereinbaren kann. Es heißt immer es sei kaum Platz dort. Nein, der Platz wird für den Konsumwahnsinn genutzt. Neben den Nobelpalästen gibt es dann die Märkte. Jeden Abend kann man gefälschten Ramsch kaufen gehen und handeln was das Zeug hält.

Der Night-Market in Kowloon


Der Rückfall
Die letzten Monate habe ich stark an meinen Konsumgewohnheiten und meinem persönlichen Müllberg Zuhause gearbeitet. Nach und nach habe ich festgestellt, dass ich vieles nicht brauche und früher immer mehr kaufen musste, damit ich dieselbe Freude beim Kaufen empfinde. Das zu kappen tat mir sehr gut. Mit der Zeit hatte sich etwas in mir verändert. Wollte ich früher Dinge unbedingt kaufen, damit ich glücklich bin, reicht es mir jetzt dafür Dinge einfach nur zu sehen. Ich empfinde plötzlich dieselbe Freude, wenn ich die Dinge nur anschauen kann wie früher als ich gekauft habe. Ein wirklich schöner Effekt. 
Auch in Hong Kong war es anfangs so. Wir waren nicht im Kaufrausch. Es wurde gekauft, was man zum Essen braucht. Dann kam das erste Souvinir, dann das erste Mitbringsel, dann die ersten Naschsachen.
Hand aufs Herz: Wir haben unkontrolliert am Ende gekauft. Wir sind mit einem mittleren Koffer dorthin geflogen und haben vor Ort einen weiteren Koffer gekauft. Der war jetzt nicht übermäßig voll, aber wir haben daheim eine Asia-Taste-Party geschmissen, wo alle sich durch die verschiedenen kuriosen Chips- und Süßigkeitensorten schlemmen konnten. 
Vor Ort hatte ich einfach immer mehr Ausreden, warum ich jetzt etwas Kaufen wollte. Von einem Weihnachtswichtelpaket, über Pflichtmitbringsel, u.s.w. Ausreden hatte ich genug. War das nötig? Nein, auf keinen Fall und als ich wieder hier war, war es schwer für mich. 

Daher war auch lange hier Funkstille. Ich musste erstmal wieder meine Mitte finden und mir diesen "Ausrutscher" selbst verzeihen. Mein Mann (ja, der Grummelige, der nicht immer so will wie ich) hat mich dabei sehr unterstützt. Er hat schneller in unseren zerowaste Alltag reingefunden als ich und hat mich motiviert. Inzwischen bin ich daheim wieder gut angekommen. Habe meine guten Gewohnheiten wieder angenommen und nun auch wieder viel Energie für neue Zerowaste Projekte. 

Übrig geblieben ist nun viel Positives, dass ich aus Hong Kong nach Deutschland mit gebracht habe. Während zwar mein Müllverhalten ausgeartet ist, habe ich innerlich viele der guten Werte von dort mitgenommen. Mehr lachen, mehr tanzen, mehr leben lassen.

Jeden Abend werden Straßen gesperrt. Sänger singen und die Menschen tanzen auf offener Straße dazu.
Liebe Grüße aus dem Herbstwald

Helene

P.S. und weil ich wissen will, ob noch andere mit Rückschlägen dieser Art zu kämpfen hatten, reiche ich diesen Beitrag bei EiNaB ein.

1 Kommentar:

  1. Hallo Helene!

    Danke für Deinen schonungslos ehrlichen Beitrag über Hongkong.

    Ich könnte übrigens nie in so einem riesigen Gebäude leben, dazu habe ich viel zu viel Höhenangst. Mir wird schon ab dem 5. Stock ganz mulmig...

    Ich war auch gerade auf Urlaub und da fällt es natürlich immer schwerer, müllreduziert zu leben. Man kennt die Möglichkeiten nicht so wie zu Hause und vielleicht will man von allem Urlaub machen, auch von den selbst auferlegten Pflichten?

    Wenn ich in einem Appartement lebe, fällt es mir leichter als in einem Hotel. Ich sage nur Frühstücksbuffet und kleine Butterpackungen. Nutzt ja nix - entweder verzichten oder in Kauf nehmen...

    Sei liebevoll und nachsichtig mit Dir selbst. Wenn Du zu Hause darauf achtest und im Urlaub mehr Müll verursachst als gewöhnlich, liegst Du immer noch weit unter dem Schnitt!

    Ich werde demnächst dazu einen Beitrag schreiben - sobald ich Zeit finde. Denn das Thema liegt mir sehr am Herzen.

    Danke fürs Verlinken zu EiNaB!

    lg
    Maria

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