#drüber nachgedacht: Glas ist nicht die Lösung



Auf meinem Weg zu einem müllreduzierenden Leben habe ich inzwischen verschiedene Blogs und Facebookgruppen kennen gelernt, die sich mit zerowaste und Nachhaltigkeit beschäftigen. Das Schöne an Facebookgruppen hierbei ist, dass man relativ schnell auf eine Frage viele Antworten und verschiedene Meinungen bekommt. Auch Meinungen und Antworten auf Fragen, die man nie gestellt hat. Immer wieder amüsant.

Wenn man sich allgemeine Tipps zu zerowaste anschaut, dann tauchen folgende Tipps sehr häufig und immer wieder auf:
- vermeide Einweg und Plastik
- nutze Mehrwegsysteme

Unter Mehrweg fallen auch die Mehrwegpfandflaschen für Milch und Joghurt. Und hier geht dann in den Gruppen auch die kontroverse Diskussion (nennen wir das Kind lieber beim Namen: das verbale Abschlachten) los.

Es wird Glas verteufelt, Dosen verteufel, Tetrapack verteufel, Papier verteufelt... ein Glaspfandsystem? Lachhaft! Sieh dir erstmal die Ökobilanz an von der Glasherstellung an!
Tetrapack 71% recyclebar? Falsche Zahlen des Herstellers!
Papier? siehe Schimpfe bei Glas.
Dosen? Haben Aluminium drin. Also ganz böse.

Die Aussagen werden einem dabei um die Ohren gehauen bis einem ganz schwindlig ist - gewürzt mit viel Herablassung, Besserwisserei und Arroganz. Fehlt da nicht eine Zutat? Richtig! Quellangaben und Nachweise werden regelmäßig vergessen. Wer braucht das schon bei einer so kulturellen und gebildeten Konversation!

Nach Monaten meiner Umstellung hat es mich doch jetzt immer mehr gejuckt und ich habe angefangen mich zu den verschiedenen Verpackungen und Aussagen einzulesen. Ich möchte hier meine Erkenntnisse und Feststellungen festhalten.

Tetrapack
Jeher ist der Hersteller Tetrapack erpicht darauf sein Ökoimage zu bewahren. Tetrapack zu 71% recyclebar. Wer über die magische Grenze von 61% kommt, muss übrigens in Deutschland kein Pfand verlangen. Dies bedeutet, dass lt. Bundesamt für Umweltschutz Tetrapack besser sei, als Mehrwegglas. Die Betonung liegt auf "sei", denn die Zahl stimmt tatsächlich nicht. Wenn es interessiert, wie die Zahl zustande kommt und wie recyclebar Tetrapack wirklich ist, ist die nachfolgende Dokumentation sehr ans Herz gelegt:


Glas vs. Plastikeinweg und Plastikmehrweg
Und ab jetzt wird es dann richtig kompliziert, denn ob nun Dose, Glas oder Papier ökologisch besser ist oder gar Plastik? Da spielen einige Faktoren mit. Wie stark belasten diese Dinge unsere Ozeane, wie ist die Ökobilanz... HALT! Ökobilanz???

Das Wort Ökobilanz steht für eine Methode zur Abschätzung der Auswirkungen eines Produktes und seines Herstellungsprozesses auf die Umwelt. Bei der Erstellung einer Ökobilanz werden die verschiedenen Lebensstadien des zu untersuchenden Produktes bzw. Verfahrens auf ihre Umweltrelevanz untersucht. Diese Lebensstadien umfassen dabei die Bereiche

  • Rohstoffgewinnung
  • Herstellung
  • Verarbeitung
  • Transport
  • Gebrauch
  • Nachnutzung
  • Abfall (kommunale Abfallbeseitigung)
  • Abwässerreinigung
  • Entsorgung
Quelle

Über die Jahre hinweg wurden verschiedene Studien aufgegeben und die Ökobilanzen verschiedener Verpackungen verglichen. Dabei wird geschaut, wie aufwendig und Ressourcenstark die Herstellung eines Produktes ist. Glas: Wird aus Sand gewonnen, welches bei über 1.000° C geschmolzen werden muss. Das verbraucht natürlich viel Energie. Witzigerweise werden die Feuer öfters mit Plastikmüll befeuert.
Plastik wird aus Öl gewonnen. Die Herstellung erfordert keine Temperaturen über 1.000° C, allerdings wird hier eine Ressource verbraucht, die nun mal nicht so schnell erneuerbar ist wie wir verschwenderisch. Sand ist natürlich auch nicht so schnell vorhanden, aber das Produkt Glas ist über 50 Mal wiederverwendbar. Mehrwegplastikflaschen nur bis ca. 25 Mal.
Was zum nächsten Betrachtungspunkt führt: Schwere Sachen verursachen beim Transport mehr CO2. Da Glas bekannterweise schwerer ist, verursacht der Transport von Glas mehr Schadstoffbelastung. Zudem kann man nicht so viele Glasflaschen auf einmal transportieren wie Plastikflaschen. Für beides gilt aber: Regionale Produkte nutzen! Je weniger Fahrtweg, desto weniger CO2 Belastung. Als Beispiel: Landliebe füllt seine Milch in Köln ab. Für mich als Stuttgarter ist Landliebe als nicht mehr regional. Witzigerweise werden aber Joghurt und Co in Heilbronn produziert. Was dieses Mehrweg für mich wieder gut macht.
Jetzt stellt sich dem einen oder anderen vielleicht die Frage, ob dann bei den Transportkosten nicht doch Einweg besser ist. Gereinigt werden müssen die Behältnisse auch noch. Zum Thema Reinigung und Rücktransport gibt übrigens unsere Bundesregierung die Info, dass Mehrweg trotzdessen immer noch ökologischer ist als Einweg.
Ein weiterer Punkt in unserer Betrachtung ist natürlich auch das Recycling. Altglas wird zu neuem Glas eingeschmolzen, während Plastik oftmals nicht mehr trennbar ist und nicht recycelt sondern nur noch down gecycelt oder gar nur noch verbrannt werden kann. Bisher habe ich gelesen, dass Einweg PET nur down gecycelt wird zu diesen feinen Plastiktüten aus der Gemüseabteilung. Joghurtbecher hingegen sind recht rein und können zu neuen Bechern verarbeitet werden. Tetrapack landet sehr oft nur noch geschreddert in der Verbrennungsanlage.
Aber meine große Frage ist: Ist Glas besser als Plastik? Besser als Tetrapack in Bezug auf die Ökobilanz?
Auf Mehrweg.org habe ich gefunden, dass PET-Mehrweg bei Wasser ökologischer ist als Glas-Mehrweg. Welche Aspekte hier rein geflossen sind, weiß ich leider nicht. Im Punkt Herstellung und Transport bin ich mir ziemlich sicher, dass Glas schlechter abschneidet. Aber wurde auch die Umweltbelastung nach der Nutzung und die Belastung für die Gesundheit berücksichtigt?

Mein Fazit:

Ich werde trotzdem für die Zukunft Glas verwenden. Aber ich informiere mich über Anfahrtswege der verschiedenen Hersteller und versuche über mein Konsumverhalten diese zu reduzieren. Mein ökologistischer Schritt ist die Milch. Wir haben einen Milchhof in Ditzingen. Zu diesem kann ich prima mit dem Rad fahren und meine Milchflasche am Milchautomaten auffüllen.
Plastik werde ich weiterhin meiden. Wir nehmen mittlerweile Plastikteile mit der Nahrung und über unser Trinkwasser auf. Tiere sterben an mit Plastik gefüllten Mägen, weil sie Plastikteile für Nahrung gehalten haben. All diese Faktoren werden in der Ökobilanz nicht mit eingerechnet. Würde man das tun, verliert Plastik immer.
Ziel der Zukunft kann es nicht sein, alles mit Glas zu ersetzen. Auch Sand ist nicht unendlich und wir müssen weg von der Einweggesellschaft. Es gibt auch Einwegglas und das ist einfach nicht die Lösung!
Lösung wäre es, wenn wir unsere Vorräte mit mitgebrachte Gläser und Edelstahlboxen selber auffüllen können.
Wer sich weiter darüber informieren möchte, dem seinen die Seite der Umweltverbände wie NABU ans Herz gelegt. Ein sehr guter Magazinbeitrag zu Plastik oder Glas gibt es auf amazingy.
Habt ihr zu meinen Recherchen weitere Quellen? Oder gar Dokumentationen in Videotheken gefunden? (Ich liebe Dokumentationen ;-) )
Ich bin auch offen für Berichte, die Gegenteiliges zu meinen bisherigen Erkenntnissen zeigen.

Liebe Grüße aus dem Herbstwald

Helene

Ein Beitrag für die Blogparade #EiNaB

5 Kommentare:

  1. Hallo!

    Habe gerade Deinen Beitrag über das Zauberweib entdeckt. Ein Thema, das wirklich unsicher macht, wenn man sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt.

    Ich versuche Glas selbst zu recyceln sprich vor allem "Wegwerfglasflaschen" mehrfach zu nutzen z.B. zum Saft einkochen.

    Werde jetzt gleich einmal einen näheren Blick auf Deinen Blog werfen!

    lg
    Maria

    PS: Kennst Du die Blogparade "einfach.nachhaltig.besser.leben"? Dein Beitrag würde ganz hervorragend dazu passen!

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    1. Hallo Maria,

      freut mich, dass man meinen Blog über andere Blogs inzwischen findet. Aber unbekannt dürfte er dir nicht mehr sein, siehe hier:
      http://obelixherbstwald.blogspot.de/2016/05/selbstgemachter-quark-im-glas.html
      ;-)

      EiNAB kenn ich auch schon. Ich habe aber bei dem Beitrag gar nicht daran gedacht, dass der gut passen würde. Ich stell ihn gleich mal ein.

      Liebe Grüße

      Helene

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    2. Hallo Helene!

      Scheinbar aufgrund der langen Blogpause wieder aus meinem Fokus geraten :-(

      werde den Blog nun aber gleich abonnieren, dann kann das nicht mehr passieren :-)

      lg
      Maria

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  2. Ich finde alles gut und logisch was du sagst, Plastik zu vermeiden sowieso. Aber ich habe ehrlich gesagt noch nie darüber nachgedacht, dass mein Joghurt im Glas mehr wiegt... Und wenn ich dir einfach mal so glaube, wo Landliebe abfüllt, dann sind sowohl Joghurt, als auch Milch für mich ungeeignet...
    Damit werde ich mich auf jeden Fall weiter beschäftigen!
    LG Claudia

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    1. Liebe Claudia,

      mir ging es so wie dir! Ich habe mir früher was das Gewicht von Joghurt im Glas angeht nie Gedanken gemacht! Wie soll man bitte auch auf sowas kommen? Klar wusste ich, dass es nicht ökologisch ist, wenn Bananen für meinen Konsum um die halbe Welt gekarrt werden. Aber über meinen deutschen Joghurt habe ich mir keine Gedanken gemacht. Es fing damit an, dass ich immer wieder Kommentare zu dem Thema las (Facebookgruppen halt). Irgendwann hat es mich dann selbst doch gejuckt, mehr zu erfahren. Und so lese ich mich immer wieder mehr ein und ziehe Rückschlüsse für mich.

      Meine Quelle, wo Landliebe abfüllt: http://www.landliebe.de/haeufige-fragen/

      Freut mich, wenn ich dich zum Nachdenken angeregt habe :-)

      Liebe Grüße
      Helene

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